Vielfalt leben
Die Jungen Liberalen erkennen ausdrücklich an, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und auch bleiben wird. Viele wirtschaftliche und gesellschaftliche Erfolge der letzten 50 Jahre verdankt Deutschland auch der vielfältigen Herkunft seiner Einwohner. Wir JuLis Hessen sehen das Zusammenleben so vieler verschiedener Kulturen in Deutschland als Bereicherung, aber auch Herausforderung an, an deren Bewältigung sich alle beteiligen müssen. Dieser demographische und gesellschaftliche Wandel bringt auch eine erhöhte Integrationsaufgabe mit sich. Es gilt, die Qualitäten von Nachbarschaften zu entdecken, unterschiedliche Lebenskulturen zu verstehen, ein Miteinander zu gestalten und die gesellschaftliche Entwicklung politisch zu begleiten.
Integration kann nur vor Ort gelingen. Die wachsenden Kommunen werden sich der Integrationsarbeit aufgrund der Zuwanderung widmen müssen. Für alle Kommunen steigt also der Integrationsbedarf. Deshalb müssen alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte vernetzt zusammenarbeiten: die Familie, die Nachbarschaft, bürgerschaftliche Organisationen, Kommunen, Land und Bund sowie beispielsweise auch Kirchen, Gewerkschaften und Arbeitgeber. Eine Kultur des beiderseitigen Respekts und der Anerkennung entsteht nur, wenn offene Diskussionen auf allen Ebenen geführt und Probleme auch benannt werden.
Der Integrationsbedarf ist von Kommune zu Kommune bisweilen stark abweichend. Entsprechend des regional abweichenden Integrationsbedarfs besteht auch unterschiedlich hoher Finanzierungsbedarf bei den lokalen Integrationskosten. Für die Jungen Liberalen Hessen gilt dabei aber insgesamt: Jede Investition in Integration dient dem gesellschaftspolitischen Ziel, zum einen Menschen die freie Entwicklung und Entfaltung oft erst zu ermöglichen und zum anderen soziale Schieflagen zu vermeiden und damit stärkeren Belastungen des Sozialsystems vorzubeugen.
Die JuLis Hessen unterstützen und begrüßen die vielen Beispiele gelungener Integrationsprojekte aus unterschiedlichen Kommunen, die die Partizipation ausländischer Mitbürger, die Bildungschancen ihrer Kinder und ihre Sprachkompetenzen stärken, die ihren Unternehmergeist unterstützen, ihre Integration in den Arbeitsmarkt verbessern, die Kommunikation zwischen den verschiedenen Kulturen fördern und die ihre eigene Verwaltung auf die verschiedenen Bedürfnisse all ihrer Einwohner einstellen.
Die genannten Projektbeispiele verstehen sich als Angebot an jede Kommune, sich passende Anregungen zur Erstellung oder Ergänzung des eigenen kommunalen Integrationshandlungskonzepts auszuwählen.
Partizipation
Partizipation und Förderung bürgerschaftlichen Engagements sind Grundlage jeder nachhaltig orientierten Integrationspolitik. Mehr denn je müssen Kommunen dabei auch einen offenen und offensiven interkulturellen und interreligiösen Dialog führen. Nicht zu unterschätzen sind hierbei neue und innovative Formen der Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation.
Um eine liberale Bürgergesellschaft auf eine breite Grundlage zu stellen, unterstützen die JuLis Hessen die Umsetzung Interkultureller Zentren, die sowohl Menschen mit, als auch ohne Migrationshintergrund als Begegnungsstätten dienen.
Um gegenseitige Vorurteile abzubauen und jeder Religion die Möglichkeit zu geben, die jeweils andere kennen zu lernen, setzen wir auf einen interreligiösen Dialog. Durch Projekte wie die sog. „Offene Moschee“ können Ängste überwunden und Verständnis für den jeweils Anderen geschaffen werden. Die Kirchen in Deutschland als größte Vertreter von Glaubensgemeinschaften werden aufgerufen, in einem ähnlichen Modell zu einer „Offenen Kirche“ einzuladen.
Zum Austausch zwischen interessierten Bürgern, um Angebote zu verknüpfen und die Hürden für eine gelingende Integration so niedrig wie möglich zu gestalten, können Internetportale für die entsprechenden Integrationsprojekte hilfreich sein. So kann eine gezielte Bündelung aller Angebote den Zugang der verschiedenen Akteure erleichtern.
Als weitere Säule der Werbung ist eine gezielte Ansprache durch Multiplikatoren von wichtiger Bedeutung. Die bestehenden Strukturen innerhalb der Moscheegemeinden können hier sinnvoll genutzt werden, z.B. von Stadtteilmüttern.
Konkrete Zielvereinbarungen zwischen den Akteuren sind notwendig. Anhand eines solchen für einen bestimmten Zeitraum (z.B. zwei Jahre) geschlossenen „Integrationsvertrag“ können auch Rückschlüsse über die Effektivität einzelner Maßnahmen gezogen werden. Alternativ sollte jede Kommune in ihrer Verwaltung Integrationsprojekte genauso wie jedes andere politische Projekt regelmäßig auf Erfolg und Effektivität kontrollieren.
Bildung
Faire Bildungschancen und Chancegerechtigkeit am Anfang sind der Schlüssel für jedes Kind, sein Leben nach seinen Wünschen zu gestalten. Das gilt insbesondere für die Integration von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien. Unter der Zielsetzung lebenslangen Lernens begreifen wir Bildung als umfassende Aufgabe und sprechen uns für fortlaufende Bildungsangebote für Menschen jeden Alters aus.
Um das Ziel zu erreichen, dass alle Kinder mit den gleichen Startchancen in die Grundschule gehen, fordern die Jungen Liberalen Hessen die Einführung von Tests zu Beginn des vierten und fünften Lebensjahres jedes Kindes. Mit diesen Prüfungen soll der Entwicklungsstand der Kinder sowohl auf motorische und kognitive Fähigkeiten, als auch ausreichende Sprachkenntnisse und soziale Kompetenzen getestet werden. Sollte sich bei diesen Tests herausstellen, dass diese Fähigkeiten nicht gegeben oder extrem eingeschränkt sind, tritt für das Kind eine Pflicht zum Besuch eines Kindergartens ein. Hier sind die Eltern verpflichtet, ihr Kind mindestens 20 Stunden in der Woche in den Kindergarten zu bringen.
Ältere Schul-Neuankömmlinge müssen schnellstmöglich in die bestehende Gemeinschaft eingebunden werden. Bereits in den ersten Tagen sollten Intensiv-Sprachkurse und Unterstützungsangebote wie ein Übersetzungsservice für die wichtigsten Formalien angeboten werden. Zur Unterstützung sollen auch private Organisationen wie Vereine, Stiftungen, aber auch Betriebe eingebunden werden. In Lernzentren können Schüler nach der Schule freiwillig spielerisch Lernlücken schließen. Diese sollten auch an ungewohnten Orten wie z.B. Einkaufszentren oder Sportstadien stattfinden, um die Motivation der Schüler zu erhöhen. Für Schüler, die bei den Schularbeiten Hilfe benötigen, muss nach der Schule eine qualifizierte Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfeunterricht unter Einbeziehung freier Träger auf freiwilliger Basis angeboten werden.
In Imam-Kursen muss der Vorbeter einer muslimischen Gemeinde nicht nur die deutsche Sprache erlernen, sondern auch auf die vielfältigen Tätigkeiten in den deutschen muslimischen Gemeinden vorbereitet werden. Die Gemeindemitglieder wenden sich nicht nur mit religiösen Fragen, sondern auch mit schulischen oder familiären Problemen an die Gemeindevorsteher. Der Imam als Vorbeter einer muslimischen Gemeinde muss selbst als Vorbild für andere Gemeindemitglieder wirken und Ansprechpartner im interreligiösen Dialog in Deutschland werden.
Grundsätzlich sprechen die JuLis Hessen sich gegen konfessionsgebundenen Religionsunterricht in der Schule und für ein Fach „Ethik“ aus, dass sich auch mit der Religionskunde aller großen Weltreligionen beschäftigt. Religion ist Privatsache. Solange an hessischen Schulen aber christlicher Religion gelehrt wird, begrüßen wir die Anstrengungen der hessischen Landesregierung außerordentlich, muslimischen Religionsunterricht in öffentlichen Schulen in Hessen zu institutionalisieren. Wir sind uns der mannigfaltigen rechtlichen und organisatorischen Fragen bewusst, unterstützen aber das Ziel und fordern einen zügige und flächendeckende Umsetzung dieses Projekts.
Sprache
Das zentrale und wohl erfolgreichste Mittel der Integration ist der Bereich der Sprachförderung. Sie sollte so früh wie möglich beginnen und für alle Altersgruppen und Generationen zugänglich sein. Insbesondere Frauen, beziehungsweise Mütter mit Migrationshintergrund, sind verstärkt anzusprechen. Da Sprachkompetenz der Schlüssel der Integrationsfähigkeit ist, sollten zumindest für Kinder und Jugendliche sowie Hilfsempfänger Sprachkurse verpflichtend sein. Hierfür sind die Integrationskurse, die aus Bundesmitteln finanziert werden, eine gute Möglichkeit, aber auch allgemeine Sprachkurse bei anerkannten Bildungsträgern wie z.B. den Volkshochschulen. Um die Schwelle zur Teilnahme niedrig zu halten, sollten die Kurse für Teilnehmer mit einem „symbolischem Betrag“ (z.B. 1 Euro pro Kurs-Einheit) belegt oder kostenfrei sein.
Spezifische Sprachkurse an besonderen Orten würden ebenfalls Menschen die Tür öffnen, die ansonsten nur schwer für Integrationsprojekte erreichbar sind. Zielgruppen müssen direkt dort angesprochen werden, wo sie sich überwiegend und gerne aufhalten. So zum Beispiel positiv belegte Orte wie der Sportverein, der Jugendtreff oder auch die Religionsgemeinde. Frauen, und im speziellen Mütter, müssen in ihnen bekannten Räumlichkeiten wie Kitas oder Grundschulen angesprochen werden, wo gleichzeitig Kinderbetreuung stattfinden kann. z.B. „Mama lernt Deutsch“ in Frankfurt oder „HIPPY“ ebenfalls aus Frankfurt, wo die Sprachförderung in der eigenen Wohnung bzw. im eigenen Haus stattfindet.
Eine andere Möglichkeit ist ein integriertes Sprachförderprogramm als Sommercamp in mehreren Wochen der Sommerferien – in einer Umgebung, die für Jugendliche und Kinder durch ein spezielles Freizeitangebot den Spracherwerb zu einem Event werden lässt.
Aber auch die Muttersprache von Migranten muss als Qualifikation verstanden und deshalb auch zertifiziert werden. Die muttersprachliche Kompetenz wird in einem Sprachtest erfasst und danach bescheinigt. Ein solches amtliches Dokument können die Migranten ihren Bewerbungsunterlagen beifügen.
Wirtschaft, Arbeit und Soziales
Neben Sprache ist Arbeit das wichtigste Mittel zur Integration in die Gesellschaft – unabhängig von Nationalität oder Herkunft. Die Einbindung der Migrantenökonomie spielt hierbei eine wichtige Rolle, auch bei der Ausbildung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder erfolgreiche Selbstständigkeit ermöglicht nicht nur finanzielle Unabhängigkeit, sondern stärkt auch das Selbstwertgefühl, Kontakte am Arbeitsplatz sind häufig der Weg in eine neue Gemeinschaft.
Direkte Hilfe für Unternehmer mit und ohne Migrationshintergrund vor allem durch gezielte Beratung und Bewerbung von Existenzgründern ist unerlässlich. Eine funktionierende Wirtschaft ist ein wichtiger Bestandteil einer Gesellschaft, die sich an sozialer Marktwirtschaft orientiert. Wir können es uns nicht leisten, Potential durch überbordende Bürokratie und starre Regelungen zu verlieren. Wir wollen in Deutschland eine Gründer-Mentalität, die auch unterstützt und gefördert werden muss.
Gerade angesichts des drohenden und auch schon aktuellen Fachkräftemangels, der durch die negative demographische Entwicklung in Deutschland jedes Jahr verschärft wird, sind Regeln für eine gezielte Zuwanderung unerlässlich. Neben der Absenkung von bürokratischen Hürden ist auch die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse ein erheblicher Faktor bei der Entscheidung hochqualifizierter Zuwanderer, für welches Land sie sich entscheiden. Aber auch für deutsche Studenten, die im Rahmen eines Auslandsstudiums ihre Sprachkenntnisse verbessern und ihren persönlichen Horizont erweitern, muss es leichter werden, dass ihre dort erworbenen Abschlüsse in Deutschland ohne große Schwierigkeiten anerkannt werden.
Bei der Arbeit in den Jobcentern vor Ort muss ein Schwerpunkt auf der Vermittlung junger Menschen in einen Ausbildungsplatz oder in Arbeit liegen. Hier liegt das Potential unseres Landes! Junge Deutsche und Migranten benötigen unsere Hilfe, um auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Hier ist es wichtig, dass flexible und punktgenaue arbeitsmarktpolitische Instrumente angewandt werden. Ausbildungslotsen können junge Menschen unterstützen, indem sie zum Beispiel bei der Erstellung der Bewerbungsunterlagen behilflich sind. Die Jungen Liberalen setzen sich für ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren im öffentlichen Dienst ein, um eine größtmögliche Chancengleichheit herzustellen.
Stadtteilarbeit
Auf Stadtteilebene wird Integrationspolitik konkret umgesetzt. Besonders der direkte und persönliche Kontakt sowie die unmittelbare Betroffenheit durch räumliche Nähe stärken den Willen zur Zusammenarbeit aller Akteure und bieten so allen Stadtteilbewohnern, nicht nur den Bürgern mit Migrationshintergrund, die Chance das Lebensumfeld selber mitzugestalten.
Im Rahmen einer klassischen Stadtteilarbeit sehen wir die Kommune als Moderator, der die verschiedenen Akteure wie Vereine, Verbände, Religionsgemeinden und weitere Multiplikatoren eines Stadtteils zusammenbringt und zwischen ihnen vermittelt. Ferner hat die Kommune die Aufgabe der finanziellen Förderung und der Mobilisierung von Geldgebern sowie der Gründung von Zentren bzw. Stadtteilbüros mit vielfältigen Angeboten, die außerdem als Treffpunkt dienen sollen. Wir erhoffen uns eine verstärkte soziale Kontrolle und stärkere Identifikation mit dem Stadtteil durch nachhaltige und dauerhafte Aktionen und Angebote. Wir lehnen die Hochhausbebauung im sozialen Wohnungsbau ab. Städtebauliche Maßnahmen müssen einer Gettoisierung durch z.B. kleinteiligere Bebauung entgegenwirken. Wir fordern stattdessen eine bessere Verteilung von sozialem Wohnungsbau im Gemeindegebiet.
Eine weitere Möglichkeit sehen wir im sog. „Frankfurter Vertrag“. Nach dem Frankfurter Vertrag (zwischen Stadt Frankfurt und den Frankfurter Wohnungsgesellschaften) in der Fassung vom 20.6.1996 wurde eine Quotenregelung bei der Vergabe von sozial gefördertem Wohnraum geschaffen. Sie sieht vor, dass bei der Belegung von Wohnungen folgender Orientierungsmaßstab anzuwenden ist: 30% Migranten, 15% Bezieher von Sozialhilfeleistungen, 10% Aussiedler, aber auch 25% Bewerber aus dem Stadtteil. Ziel dieser Regelung ist es, insbesondere ausländischen Haushalten die Integration zu ermöglichen und einen Beitrag zur Schaffung und Erhaltung ausgewogener Siedlungsstrukturen im Sinne des § 6 WoFG zu leisten.
Interkulturelle Öffnung der Verwaltung
Die Umsetzung der interkulturellen Öffnung und Orientierung der Verwaltung erfordert Anstrengungen auf vielen Ebenen. Sie betreffen unter anderem die Aspekte Personalauswahl und Bedarfsorientierung, Aus- und Fortbildung des Personals, aber auch der Qualifikation und Beschäftigung von Zuwanderern.
Unser Ziel ist die Erhöhung des Anteils von Beschäftigten mit Migrationshintergrund in der Verwaltung. Die Jungen Liberalen Hessen lehnen dazu allerdings eine Migranten-Quotenregelung, wie auch jede andere Quotenregelung, bei der Besetzung von Stellen in der öffentlichen Verwaltung grundsätzlich ab. Alternativ hierzu stellen wir Mentoring-Programme in den Vordergrund. Es sollten gezielte Werbemaßnahmen um Migranten für Tätigkeit in der Verwaltung erfolgen. Außerdem wollen wir eine Verbesserung der interkulturellen Kompetenzen aller Mitarbeiter in der Verwaltung (z.B. durch Schulungen). Statt ungerechter Quoten-Regeln sollten bestimmte Fähigkeiten, wie z.B. Sprachkompetenz, als positives Einstellungskriterium anerkannt werden.
Rechte und Pflichten
Ausländischen Bürgern der EU wurde im Rahmen der europäischen Einigung das aktive und passive Wahlrecht bei Gemeindevertretungs-, Bürgermeister- und Ortsbeiratswahlen eingeräumt. Die Jungen Liberalen begrüßen diese Entwicklung. Inkonsequent ist aber nach unserer Ansicht, dass ausländische EU-Bürger weiter aktives und passives Wahlrecht für die Ausländerbeiräte besitzen; schließlich sind diese nicht als Sachverständigengremien, sondern als Interessenvertretung eingerichtet worden. Nicht einzusehen ist, dass dieser Personenkreis mehr Möglichkeiten der Mitwirkung und Vertretung seiner Interessen hat als andere Gemeindebürger mit ausschließlich deutscher Staatsangehörigkeit. Entsprechend unsinnig ist auch, dass Deutsche, die diese Rechtsstellung als ausländische Einwohner im Inland erworben haben oder zugleich eine andere Staatsangehörigkeit besitzen, als Mitglied des Ausländerbeirats wählbar sind.
Für uns JuLis ist es selbstverständlich, dass jeder Mensch, der sich in Deutschland aufhält, sich auch an die hier geltende Rechtsordnung hält. Die Überprüfung der Einhaltung aller Gesetze ohne Diskriminierung, aber auch ohne Bevorzugung ist eine Errungenschaft unseres Rechtsstaats. Dies gilt auch für die Pflicht zur Teilnahme an der Schule bis zum Ende der gesetzlichen Schulpflicht. Gerade beim Umgang mit Migranten sollten jedoch Politiker häufiger den Blick auf die aktuelle Gesetzeslage richten, statt gehaltlose, populistische Forderungen nach mehr Sanktionen zu stellen. So gibt es schon heute nach den Rechtsordnungen der Bundesländer die Möglichkeit, im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahren Geldbußen gegen Eltern zu verhängen, deren minderjährige Kinder der Schulpflicht nicht nachkommen. Ebenso gibt es im Aufenthaltsgesetz Möglichkeiten, das Fernbleiben von verpflichtenden Integrationskursen zu sanktionieren. Rufe nach Möglichkeiten, das soziokulturelle Existenzminimum, das erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach dem Sozialgesetzbuch gewährt wird, in oben genannten Fällen zu kürzen, begegnen wir entschieden. Solche sachfremden Erwägungen zeugen nur von dem Unverständnis gegenüber geltendem Rechtssystem.
Strategie und Steuerung der Verwaltung
Erfolgreiche Integrationspolitik ist keine Nischenpolitik mehr – sie muss als Querschnittsaufgabe in Politik und Verwaltung verankert sein. Voraussehende Politiker haben dies erkannt und Integrationspolitik zur Chefsache erklärt. Und immer mehr Kommunen können die Erfolge ihrer Strategien und Maßnahmen auch messen.
Schon den meisten deutschen Einwohnern fällt es schwer, sich im deutschen Behördendschungel zurecht zu finden. Dass dies für Menschen, die möglicherweise Sprachschwierigkeiten haben und auch eine solche Behördenbürokratie nicht gewöhnt sind, noch verwirrender sein kann, sollte keine Kommune vergessen. Die Verwaltungsangebote für Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund sollten besser vernetzt und zusammengefasst werden. Dies würde es Migranten erleichtern Verwaltungsaufgaben zu erledigen. Außerdem ist eine grundsätzliche Einrichtung von modellhaften „Servicegarantien“ wie eine Termingarantie bei Vereinbarung oder maximale Fristen der Verwaltung in allen Verwaltungen wünschenswert.
Wir halten die Erarbeitung eines ganzheitlichen Integrationsleitbilds in einer Kommune für wünschenswert. Die Entwicklung einer integrationspolitischen Gesamtstrategie der Kommune durch alle Beteiligten (Bürger, Stadt, Politik, Vereinen, Wirtschaftvertretern etc.) ist unerlässlich für eine funktionierende Durchführung der angestrebten Projekte.
Natürlich müssen insbesondere Menschen angesprochen werden, die ehrenamtlich bereit sind integrative Projekte zu unterstützen. So können in Freiwilligenzentren ehrenamtliche Tätigkeiten organisiert und koordiniert und weitere Personen zu mehr Engagement ermutigt werden. Die Einbindung von Integrationsprojekten in das allgemeine Vereinsleben der Kommunen führt zu positiven Effektivitätsgewinnen.