Die Jungen Liberalen Hessen fordern eine Wende in der politischen Betrachtung der Gentechnik. Stattdessen bieten vermehrt neue biotechnologische Verfahren viele Chancen und Möglichkeiten, aufkommenden Problemen einer wachsenden Weltbevölkerung zu begegnen. Die Grüne Gentechnik und das Genome Editing bieten die Möglichkeit, in Zukunft mit weniger Pflanzenschutzmitteln und durch angepasste Sorten ressourcenschonend in der Landwirtschaft Lebensmittel zu erzeugen. Der politische Diskurs über Gentechnik sowie neue Züchtungsverfahren, vor allem in der Pflanzenzucht, muss wieder auf Basis von wissenschaftlichen Fakten geschehen und frei von Interessen einzelner politischer Meinungsbildner sein. Dazu gehört es aber auch für ein neues Bewusstsein in der Bevölkerung zu sorgen und Aufklärung zu fördern, anstatt vermehrt Kritikern in staatlichen Institutionen eine breite Plattform zu bieten. Durch das aktuelle Gentechnikrecht wird die EU dauerhaft von einer technologischen Entwicklung abgeschieden und es birgt das Risiko, dass zunehmend Forschungsstandorte in außereuropäische Länder verlagert werden und somit Technologie abwandert.
Für eine Reform des Gentechnikrechts
Die Jungen Liberalen Hessen fordern eine grundlegende Reform des Gentechnikrechts auf europäischer Ebene. Der aktuelle Gesetzesrahmen basiert auf dem Wissensstand der 1980er Jahre und wird dem derzeitigen Forschungsstand nicht gerecht. Nach EuGH-Urteil vom 25.07.2018 fallen auch gentechnisch veränderte Organismen (GVO), die durch neue Züchtungsverfahren wie CRISPR/Cas unter die EU-Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG und unterliegen somit geltendem Gentechnikrecht.Aus dem Urteil folgt ebenfalls, dass entsprechend hergestellte Produkte der Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Organismen unterliegen und so für den Verbraucher kenntlich gemacht werden müssen. Gentechnische Verfahren haben sich seit den 2000er Jahren rasant weiterentwickelt und durch sogenannte Genome-Editing-Verfahren besteht die Möglichkeit, das Genom wesentlich gezielter und schneller, sowie in einem vereinfachten Verfahren kostengünstiger zu verändern. Es muss unterschieden werden, ob DNA-Bestandteile gezielt, wie bei einer natürlichen Punktmutation verändert werden und ob artfremde DNA implementiert wird. Da keine geeigneten Nachweisverfahren von Organismen, die aus Genome-Editing-Verfahren hervorgehen, existieren, müssen diese wie GVO aus klassischen Mutationen behandelt werden. Aus diesem Grund sprechen sich die Jungen Liberalen Hessen dafür aus, dass der Gesetzgeber kurzfristig alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpft, GVO aus Genome-Editing-Verfahren jenen GVO, die durch klassische Mutationen entstanden sind, in der rechtlichen Handhabe gleichsetzt. Es sollte bei der Klassifizierung das Produkt und nicht nur der Prozess bewertet werden. Ein neues Gentechnikrecht soll ferner in regelmäßigen Abständen auf die wissenschaftliche Aktualität überprüft werden.
Die Zulassungsverfahren für neu entwickelte Pflanzensorten muss vereinfacht und einfacher umsetzbar sein, damit auch mittelständische Unternehmen die Möglichkeit und Biotech Start-Ups die Möglichkeit haben, in diese Zukunftstechnologie zu investieren.
Forschung und Lehre muss den nötigen Freiraum erhalten
Die Jungen Liberalen Hessen kritisieren die Entscheidung des Bundesministeriums für Umwelt, die als unabhängig deklarierte Fachstelle Gentechnik und Umwelt ohne ein nachvollziehbares Ausschreibungsverfahren mit Anti-Gentechnik-Lobbyorganisationen, wie TestBioTech zu besetzen. Die Ausweisung von mit Steuergeldern finanzierten Fachstellen soll in Verbindung mit der Wissenschaft von ausgewiesenen und anerkannten Wissenschaftlern des entsprechenden Themengebiets besetzt werden, um eine Unabhängige Beratung zu gewährleisten.
Schon in der Schule soll wissenschaftliche Aufklärungsarbeit im Rahmen des naturwissenschaftlichen Unterrichts auf Basis von bestehenden Erkenntnissen zu Risiken, Chancen und Möglichkeiten stattfinden. So kann dies beispielsweise in Schülerlaboren oder in Kooperationen mit Universitäten geschehen, um die Komplexität der naturwissenschaftlichen Sachverhalte entsprechend zu vermitteln. Dabei sollte die Landesregierung auch außerschulische Lernorte finanziell unterstützen, wenn diese unabhängig und ausgewogen über Chancen und Risiken dieser Zukunftstechnologie aufklären. In naher Zukunft soll vor allem die Forschung intensiviert und in diese investiert werden.
Für einen offenen und sachlichen Umgang mit Risiken
Ein sachlicher Umgang mit möglichen Risiken, die mit neuen Technologien der Genomveränderung einhergehen, ist notwendig für einen verantwortungsvollen Umgang mit neuen Züchtungsverfahren. Deswegen sollten nur Personen mit nachgewiesener Sachkunde diese ausführen dürfen. Zudem muss es in jedem Labor einen Beauftragten für biologische Sicherheit geben. Dieser muss ein abgeschlossenenes biowisschenschaftliches Studium, praktische Laborerfahrung und nachgewiesene Kentnisse des wissenschaftlichen und rechtlichen Hintergrunds vorweisen.
Es besteht zwar innerhalb einer Vielzahl der Einsatzfelder des Genome Editing kein höheres ökologisches Risiko als bei klassischen Züchtungsverfahren oder zufälligen Mutationen, jedoch erfordert diese Technologie eine Differenzierte Betrachtung.
Bei jeder Änderung des Genoms, auch bei der Anwendung vom Genome Editing, kann zunächst nicht ausgeschlossen werden, dass andere Genabschnitte als die gewünschten verändert werden. Jedoch werden diese sogenannten „off-target“-Ereignissen dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand als sehr selten angesehen und es wird derzeit in der Wissenschaft die Auffassung vertreten, dass diese seltener sind als bei herkömmlichen Verfahren. Der Forschung muss vermehrt in Freilandversuchen die Möglichkeit gegeben werden, die möglichen Effekte des „off-targets“, wie es heute schon mittels einer Sequenzierung des Gesamtgenoms geschieht, zu untersuchen.
GVO, die durch eine neue Technologie erzeugt wurden, sollten einer Einzelfallprüfung in Bezug auf möglichen Risiken unterliegen, anstatt ein Verfahren pauschal durch überzogene Reglementierung zu unterbinden.
In naher Zukunft soll vor allem die Forschung intensiviert und in diese investiert werden. Neben der grünen Gentechnik, die momentan das größte Anwendungsgebiet darstellt, sollen beispielsweise auch Heilmöglichkeiten von Erbkrankheiten erforscht werden.
Den Gene Drive, bei dem zum Beispiel eine Unfruchtbarkeit in eine Population eingeführt wird, sehen wir grundsätzlich erstmal kritisch. Allerdings stellt auch dies eine Alternative bei stark invasiven Arten oder bei einer großen Gefährdung des Menschen dar. Selbstverständlich wird vor dem Einsatz eine intensive Einzelfallprüfung durchgeführt.
Abschließend verschließen sich die Jungen Liberalen Hessen nicht grundsätzlich vor der Anwendung von Gentechnik an Embryonen zur Vorbeugung von bisher unheilbaren Krankheiten. Um dieses langfristig zu ermöglichen, ist allerdings noch sehr viel Forschung notwendig.